An Springer: „Soeben, 9 Uhr“ (27.4.1889)

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Geehrter Freund Springer!

Soeben, 9 Uhr, 6 Min. Früh, wo wir auf Ihre Ankunft mit dem Frühstück warteten, gelangt an mich Ihr geschätzter Brief. – Trotz Regen und Sturm werde ich bis 10 Uhr bei Gugl sein und den Kauf perfekt machen. Ihren Wunsch bezüglich der leichten Tastatur werde ich, in soweit es möglich sein darf, berücksichtigen. – Meines Erachtens ziehe ich eine etwas strammere Tastatur der ganz leichten vor.Kinder werden täglich größer und stärker, und schon in einigen Monaten, bei richtigem Unterricht macht sich ein Zunehmen in der Kraft ihrer Arme bemerkbar, wonach in verhältnismäßig kurzer Zeit, eine zu leichte Tastatur könnte


hemmend auf die Entwicklung und nachteilig auf die fernere Ausbildung wirken. – Die Schüler am Wiener Conservatorium werden gleich anfangs an verhältnismäßig große und starke Klaviere gewöhnt, um dadurch die Kraft ihrer Armmuskeln und die Ausdehnung ihrer Finger zu bezwecken. Außerdem kann die Tastatur eines neuen Klavieres nie ganz leicht sein, die ist stets das Kennzeichen eines alten, abgespielten Scherbens. Man kauft nicht ein Klavier auf 2 sondern auf 20 und mehr Jahre, und da auch das beste Instrument, so wie alles auf der Erde, der Vergänglichkeit unterliegt, so muß man auch bei der Wahl eines Klavieres darauf trachten, daß diese Vergänglichkeit nicht all zu früh eintrete. – Und der Anfang dieser Vergänglichkeit ist die zu leichte scheppernde Tastatur.


Also ich wiederhole nochmals meine obigen Worte: „Ich werde Ihren Wunsch berücksichtigen, „in soweit es möglich sein darf.

Und somit mit besten Grüßen an Sie, Frau Gemahlin und Kinder, von mir und Frau, zeichne mich
Ihr
ergebenster

Suppè